Alles wird nachhaltiger. Sogar das Fliegen – behauptet Ryan Air in seinem aktuellen Radio Spot. Viele Unternehmen schrauben an ihrem Image, kommunizieren plötzlich grün und zieren sich mit Labeln, ökologischen Neologismen und recycelbaren Verpackungen. Green Washing nennt man das. Aber nachhaltig ist das nicht.
Wer bisher marktschreierisch verkündete, er habe immer den günstigsten Preis, dem treiben die aktuellen Umwelt- und Klimadebatten Schweißperlen auf die Stirn. Plötzlich ist der Preis nicht mehr alles. Früher konnte man sich darauf verlassen, dass die Kunden in Heerscharen kamen, wenn der Preis nur günstig genug und die Rabatte der Knaller waren. Auch jetzt funktioniert das noch – aber nicht mehr so, wie noch vor ein paar Jahren.
Wir wollen nachhaltiger leben, weniger Schaden hinterlassen. Also setzen viele von uns auf langlebige Produkte, die nachhaltig produziert werden. Nachhaltig – wie erkennen wir das? Für die meisten Menschen ist von außen nicht unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen, ob ein Unternehmen sich wirklich ökologisch, fair und nachhaltig ausrichtet oder ob es einfach sein Image „grün färbt“. Wir müssen uns also ein Stück weit auf das verlassen, was uns die Unternehmen erzählen. Aber können wir alle Geschichten glauben? Labels vertrauen?
Manchmal können wir schon an der Sprache erkennen, dass hier geschummelt wird. Zum Beispiel „faires Palmöl“ – das gibt es nicht. Denn für jedes Palmöl wird Regenwald gerodet, Tier- und Pflanzenarten werden vernichtet, die Natur geschädigt. Das Wort „fair“ suggeriert uns, dass schon alles ok ist, wir uns um unseren ökologischen Fußabdruck und unser ethisches Empfinden keine Sorgen machen müssen. Es spiegelt uns etwas vor. Auch das ist Kommunikation. Der gezielte Einsatz von Sprache. Der eine schummelt „ein wenig“, der andere lügt, dass sich die Balken biegen. Beides ist unverantwortlich, unmoralisch und einfach mehr als daneben. Auch Begriffe, die nicht gesetztlich verankert oder geschützt sind wie "grün", "natürlich" oder "biologisch zertifiziert" werden gerne benutzt, um den Anschein zu erwecken, es handle sich um ein nachhaltiges Produkt und einen ökologisch verantwortungsvollen Hersteller.
Derart manipulativ eingesetzte Worte sind das CO2 der Sprache. Ja, sie sind wie Schadstoffe, die das kommunikative Klima, das Vertrauen in Hersteller und die Integrität ökologisch, nachhaltiger und fair agierender Unternehmen vergiften. Das, was wir eigentlich vermeiden wollen. Ein derartiger Umgang mit Sprache ist alles andere als "fair" und säht Misstrauen.
Langfristig werden sich dennoch die durchsetzen, die authentisch sind, konsistent kommunizieren und ihre Werte nicht verkaufen. Die uns sagen, was ist. Die uns mit ihrem Einsatz, ihrer Qualität und ihrer Echtheit überzeugen. Weil sie einfach sind, wie sie sind. Und sagen, was sie wirklich meinen. Also die, die nachhaltig kommunizieren. Weil sie wirkliche Werte haben, sich nicht (nur) über den Preis definieren.
„Man, ist die naiv!“, wird der ein oder andere nun sagen. „Nein, das bin ich nicht“, kann ich da nur entgegnen. Ich bin der Meinung, dass egal ob im privaten Umgang mit anderen Menschen, im Job mit den Kollegen oder in der werblichen Kommunikation diejenigen am Ende am meisten geschätzt werden, die einen offenen und ehrlichen Umgang mit ihren Mitmenschen pflegen. Wen will ich an meiner Seite haben? Den, der lügt und vorgibt, jemand zu sein, der er nicht ist? Auch auf Kosten anderer? Oder den, der vielleicht Ecken und Kanten hat, aber ehrlich und liebenswert ist, bei dem ich weiß, woran ich bin?
Nachwort: So toll es ist, mit Worten Welten schaffen, Menschen erreichen und eine Verbindung zu anderen aufbauen zu können – auch hier gibt es eine Kehrseite. Wenn Menschen nicht die Wahrheit sagen wollen und das Wissen um die Wirkung von Sprache ganz bewusst in negativer Art und Weise einsetzen. Wenn sie sich der rein manipulativen Kommunikation bedienen. Dennoch dürfen wir nicht alle Unternehmen unter Generalverdacht stellen, nur weil sich das grüne Gewissen regt und sie einen ernsthaften Schritt in die richtige Richtung unternehmen wollen. Darum sollten wir uns immer gut informieren, kritisch hinterfragen und auf der Hut sein – also nicht jedem grünen Wort, das uns entgegen geschleudert wird.